News & Blog

Was passiert im Kopf, wenn man ein konkretes Ziel vor Augen hat?

Urs Wyss, Neuro- und Brain Per­for­mance Coach und Swim Camp Coach an der CAM­PUS SUR­SEE Spor­ta­re­na, was pas­siert im Kopf, wenn man ein kon­kre­tes Ziel vor Augen hat?

Ein Ziel vor Augen zu haben, oder an­ders ge­sagt, ein Ziel zu vi­su­a­li­sie­ren, un­ter­stützt dabei, den nö­ti­gen Fokus auf das We­sent­li­che rich­ten zu kön­nen. Vi­su­a­li­sie­ren be­deu­tet, im Geist ein Ziel in der Zu­kunft vor­zu­stel­len, die so de­tail­liert ist, dass sie in die­sem Au­gen­blick schon real er­scheint.
Diese men­ta­len Bil­der set­zen sich aus Ge­dan­ken, Sin­nes­ein­drü­cken und Ge­füh­len zu­sam­men. Da­durch wird das Ge­hirn ent­spre­chend sti­mu­liert und es wer­den ver­schie­de­ne Bo­ten­stof­fe und Hor­mo­ne, die im Hirn­stamm oder der Hir­n­an­hang­drü­se ge­bil­det wer­den, aus­ge­schüt­tert. Diese wir­ken auf den Kör­per und lösen so­wohl kör­per­li­che als auch psy­chi­sche Re­ak­ti­o­nen aus. Dabei kommt es zu einer Wech­sel­wir­kung. Denn un­se­re Ge­füh­le, Han­deln und Den­ken be­ein­flusst die Hor­mo­ne und um­ge­kehrt.
Für die Hoch­stim­mung sind Hor­mo­ne, wie Se­ro­to­nin, ge­paart mit Do­pa­min und einem ʺSchussʺ Oxy­to­cin ver­ant­wort­lich.
Oxy­to­cin wird auch das „Ku­schel­hor­mon“ ge­nannt. Es för­dert Em­pa­thie und Ver­trau­en, und ist daher das wich­tigs­te Hor­mon im Zu­sam­men­hang mit so­zi­a­len Bin­dun­gen und Be­zie­hun­gen. Se­ro­to­nin und Do­pa­min ver­brei­ten eine gute Stim­mung. Be­son­ders Se­ro­to­nin sti­mu­liert die Be­rei­che im Ge­hirn, die für Hoch­ge­füh­le zu­stän­dig sind. Do­pa­min wie­der­um hat die Auf­ga­be, das Be­loh­nungs­sys­tem an­zu­re­gen. Wenn wir eine Sache so rich­tig gut hin­be­kom­men haben, läuft es auf Hoch­tou­ren und be­lohnt uns mit einem Ge­fühl der Zu­frie­den­heit und Glücks.
Zu­sam­men­ge­fasst heisst das: Durch das Vi­su­a­li­sie­ren von Bil­dern kann die Hor­mo­n­aus­schüt­tung be­ein­flusst wer­den, da das Ge­hirn nicht un­ter­schei­den kann zwi­schen Re­a­li­tät und Vor­stel­lung. Je kla­rer wir ein Ziel vor Augen haben und je stär­ker wir es füh­len, desto mehr be­ein­flusst es un­se­re reale Welt. Die in­ne­re Vor­stel­lungs­kraft er­schafft die äus­se­re Re­a­li­tät. Ob im Sport, im Beruf oder pri­vat, das Vi­su­a­li­sie­ren un­ter­stützt uns dabei, die per­sön­li­chen Ziele zu er­rei­chen.

Was braucht es, um sich nicht von die­sem Ziel ab­len­ken zu las­sen?

Da gibt es eine Viel­zahl von Me­tho­den und Tech­ni­ken, die hel­fen, den Fokus auf das Ziel zu rich­ten und z.B. im Wett­kampf die Höchst­leis­tung punkt­ge­nau ab­ru­fen zu kön­nen.
Dazu ge­hö­ren unter andrem:

  • Das täg­li­che Vi­su­a­li­sie­ren des Ziels.
  • Atem­trai­nings, durch die man lernt, den Fokus über län­ge­re Zeit beim Ein- und Aus­at­men hal­ten zu kön­nen.
  • Die Fä­hig­keit, sich schnell und op­ti­mal ent­span­nen zu kön­nen.

Da jeder Mensch eine an­de­re Aus­gangs­la­ge hat, ist es sinn­voll, das Trai­nings­pro­gramm den in­di­vi­du­el­len Be­dürf­nis­sen an­zu­pas­sen.

Was pas­siert oder kann pas­sie­ren, wenn man das Ziel er­reicht hat?

Ge­ra­de bei Kar­rie­reen­de kann es dazu kom­men, dass Pro­fisprt­ler:innen in ein Loch oder in eine De­pres­si­on fal­len.
Die fes­ten Struk­tu­ren, wie Trai­nings, Wett­kämp­fe, Spon­so­ring­an­läs­se etc. fal­len weg. Sie sind plötz­lich nicht mehr ge­fragt, keine In­ter­views mehr, die ehe­ma­li­gen Team- oder Mann­schafts­kol­le­gen mel­den sich nur noch sel­ten, usw. Das kann ein Ge­fühl von Leere er­zeu­gen, Ängs­ten aus­lö­sen oder sogar zu De­pres­si­o­nen füh­ren.
Kommt es so weit, wurde in der ak­ti­ven Zeit als Sport­ler:in ei­ni­ges ver­säumt. Wie wei­ter nach der sport­li­chen Kar­rie­re, soll­te vor Ende der Kar­rie­re zum Thema ge­macht wer­den.

Was ist dann wich­tig?

Nebst der psy­cho­lo­gi­schen Be­glei­tung geht es in einem sol­chen Fall darum, dass die Per­son ein neues (nicht sport­li­ches) Ziel ent­wi­ckelt. Dar­aus er­gibt sich ein Mass­nah­me-Plan zur Um­set­zung des Ziels. Eben­so wird er­sicht­lich, wel­che Fä­hig­kei­ten und Res­sour­cen dazu nötig sind (Aus- oder Wei­ter­bil­dung, Fi­nan­zen, etc.).

Ist es also re­le­vant, sich auf die­sem Weg be­glei­ten zu las­sen?

In den al­ler­meis­ten Fäl­len macht es Sinn, sich rasch Un­ter­stüt­zung zu holen. Denn je schnel­ler die auf­ge­kom­me­ne ʺLee­reʺ er­setzt wird durch ein neues Ziel mit po­si­ti­ven Bil­dern und Ge­füh­len, desto schnel­ler ge­hört das Loch oder die De­pres­si­on der Ver­gan­gen­heit an.
«Die Summe dei­ner Ge­dan­ken und Ge­füh­le ent­schei­det dar­über, was du in Zu­kunft er­le­ben wirst»

In die­sem Sinne vie­len Dank für das In­ter­view.
www.neu­ro­coa­ching.ch

Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch noch interessieren

Basictraining als Grundlage

mehr lesen
Grzegorz Szuba

Wie trainiert man heutzutage ambitionierte Kids im Schwimmsport?

mehr lesen
Cécile Pelet

Camps, die dich weiterbringen

mehr lesen