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Je mehr Action, desto fokussierter werde ich
Seit 1. November 2021 ist der CAMPUS SURSEE das Nationale Leistungszentrum (NLZ) von Swiss Triathlon. Swiss Triathlon verlegt seine Trainingsbasis auf den Campus. Tamara Mathis ist seit Oktober 2020 Chefin Leistungssport. In ihrer Funktion steht sie in direktem Kontakt mit den Sportlerinnen und Sportlern und kennt deren Bedürfnisse bestens. Wir wollten mehr über diesen Umzug wissen. Und uns interessierte natürlich auch, wie es nach Nicola Spirig weitergeht.
Tamara Mathis: Warum habt ihr eure Koffer gepackt und seid hier auf dem Campus eingezogen?
Jede Olympische Spiele geben die Chance einen Rück- und Ausblick zu machen. In der Verbandsstrategie wurde der Wunsch geäussert, ein Kompetenzzentrum auf- und auszubauen. Also hat die Suche nach einem idealen «Zuhause» begonnen. Triathlon ist eine komplexe Sportart, da wir Bedürfnisse in drei Disziplinen haben. Hier auf dem Campus und mit der Region haben wir alles: Ein Schwimmbad – das ist meist die grösste Herausforderung-, Lauf- und Velowege.
Auf was freust du dich am meisten in Sursee?
Die Möglichkeit, ein Nationales Leistungszentrum zu haben, das lebt. Hier gibt es Top Bedingungen, um professionell zu trainieren. Zudem gibt es die Option, eigene kleine Wettkämpfe durchzuführen oder Trainingspartner und Kaderathleten für Wochenenden einzuladen.
Gibt es konkret Erleichterungen auf dem CAMPUS SURSEE?
Der CAMPUS SURSEE bietet alles, was wir für ein leistungssportförderliches Kompetenzzentrum brauchen. Ein vielseitiges Schwimmbad, Regenerationsräume, Kraftraum sowie eine Galerie für unser Indoortraining.
Zudem finde ich die Lage ideal – mitten in der Schweiz, in der Natur und doch mit guten Schul- und Studiumsmöglichkeiten in der Nähe. Wir freuen uns, alles beieinander vorzufinden und so die Wege kurz zu halten. Die Erholung der Athleten können wir mehr ins Zentrum bringen. Zudem haben wir das Sportbüro da, auch das ermöglicht einen engeren Austausch zwischen Funktionären und Sportler.
Triathlon geht über drei Disziplinen. In welche Disziplinen lässt sich dein aktueller Job einteilen?
Mein Job ist sehr vielseitig und als Dreh- und Angelpunkt für Athleten, Trainer und Partner sind es wohl mehr als drei Disziplinen. Doch ich versuch’s mal: Athletenbetreuung, konzeptionelle Weiterentwicklung und Personalmanagement.
Worin erzielst du Höchstleistungen?
Je mehr Action, desto fokussierter werde ich. Ich mag die Wettkämpfe, da ich für die Athleten direkt da sein kann und dann auch manchmal spontane Lösungen gefragt sind. Während dem Rennen kann ich mit Zwischeninformationen unterstützen. Auf der anderen Seite blühe ich auf, wenn ich neue Ideen für Support und Struktur einbringen und das Netzwerk persönlich pflegen kann.
Wie zufrieden seid ihr mit den Leistungen eures Kaders an den vergangenen Olympischen Spielen? Warum?
Wir kamen mit 2 Diplomen und einem knappem 9. Rang (nur 6 Sekunden entfernt auf das 3. Diplom) nach Hause. Die Team-Leistung war gut. Die Vorbereitungen mit den Reiserestriktionen hat alles etwas erschwert. Doch mit einem Hitzezelt in der Schweiz fanden wir eine gute Lösung. Die Stimmung im Team war gut und wir haben alle unser Bestes gegeben. Leider war das Rennglück nicht auf unserer Seite.
Die grösste Leistungsträgerin während über zwei Jahrzehnten war Nicola Spirig. Zusammen mit Sven Riederer war sie das grosse Aushängeschild von Swiss Triathlon. Zwei grosse Vorbilder an welchen sich viele junge Athletinnen und Athleten orientierten. Findet nun mit ihrem Rücktritt eine Wachablösung statt? Was ist "nach Nicola"?
Es gibt immer ein «danach». Im Schatten der Stars entwickeln sich die Nächsten. Nicola ist immer noch für viele ein Vorbild und sie konnte viele Athleten motivieren. Ich schätze sie nicht nur als Athletin, sondern auch als Mensch. Der Sport ist auch mitten in der Entwicklung. Die Distanzen werden kürzer und in Tokyo war das erste Mal die Mixed-Team-Staffel im Programm. So müssen sich nun die Athleten auch auf die Sprintdistanzen spezialisieren. Zudem beobachten wir, dass das Schwimmen eine wichtigere Rolle einnimmt. Wir konnten bereits in Tokyo potenzielle Nachfolge-Athleten sehen. Max Studer wurde Neunter und wird in Paris 2024 in seinem besten Alter sein. Aber da kämpfen sich zur Zeit noch andere Männer um einen der begehrten Plätze. Bekannte Namen, wie die Salvisberg Brüder oder Sylvain Friedlance, die ihren Platz wollen. Aber auch jüngere, wie zum Beispiel Simon Westermann, wollen mitmischen. Es freut mich sehr zu sehen, dass dieser Konkurrenzkampf beflügelt. Auch bei den Frauen bildet sich eine Gruppe, die den Platz erben will. Julie Derron wurde Erste beim letzten Weltcup und Alissa König, die im NLZ trainiert, hat bei ihrem zweiten internationalen Rennen in der Olympischen Distanz schon mit Rang vier abgeschnitten. Zudem konnte Jolanda Annen nun schon an zwei Olympischen Spielen Erfahrungen sammeln und gibt ihre Poleposition wohl nicht so leicht auf. Dazu kommen ebenfalls junge Athletinnen, die um die begehrten Plätze kämpfen. Wir dürfen uns somit auf spannende Jahre freuen.
Wie schafft ihr es, euer junges Kader wieder zu Olympiareife für Paris 2024 hinzuführen?
Wir sind schon lange in der Vorbereitung für Paris 2024. Denn bereits im nächsten Jahr beginnt die Selektionsphase. Im Sport plant man meist über zwei Olympiazyklen. Als Verband nutzen wir die Chance und haben unsere Strukturen auf den neuen Olympiazyklus angepasst. Gordon Crawford, unser Nationaltrainer, wird sich bereits jetzt vermehrt um unsere Olympia Longlist kümmern. So versuchen wir die verbleibenden drei Jahre zu nutzen, um die Trends in die Vorbereitung einfliessen zu lassen und die Dynamik positiv zu nutzen. Potential ist auf jeden Fall in dieser Longlist vorhanden.
Gibt es einen High-Performance-Plan? Ist dieser für jede Nation in etwa gleich oder gibt es Unterschiede?
Es gibt ein Förderkonzept und auch Entwicklungsziele. Diese sind jedoch eher an den Gegebenheiten der Nation angepasst. Die Ausgangslage und die Struktur sind individuell. Zum Beispiel ist in der Schweiz die duale Karriere sehr wichtig und auch das Militärsystem unterscheidet sich von anderen Ländern.
Viele Sportverbände kämpfen mit dem Dilemma zwischen Ehrenamt und professionell geführten Strukturen. Wo steht da Swiss Triathlon?
Da bilden wir keine Ausnahme. Ehrenamt ist und bleibt sehr wichtig für unsere Verbandsstrukturen. Wenn alle Arbeiten entlohnt werden müssten, wären alle Verbände konkurs. Swiss Triathlon ist ein kleines Team und die Aufgaben müssen gut verteilt sein. Ich denke wir leisten Grossartiges, wenn wir bedenken, dass die Geschäftsstelle mit nur elf Mitarbeitenden (Anstellungsgrad zwischen 20% - 100%) bestückt ist. Es ist umso wichtiger, dass weitere Personen die Leidenschaft für den Triathlonsport finden und Ihren wertvollen Teil dazu beitragen. Die ehrenamtlichen Tätigkeiten sind unbezahlbar und diese Leidenschaft trägt den Sport.
Wollt ihr den Umzug auch nutzen, um eure Strukturen neu aufzubauen?
Ein Neuanfang ist immer eine Chance. Wir nutzen diesen Schritt, um eben den Weg für die Olympischen Spiele LA2028 zu starten. Dafür haben wir uns entschieden, im NLZ unseren Nationaltrainer Junior einzusetzen und unseren Nationaltrainer Elite in der Unterstützung in der Basis, sowie des Olympiateams und Elite einzusetzen. Damit wollen wir besseren Wissenstransfer ermöglichen, nicht nur für Athleten, sondern auch für die Trainer. Ganz nach dem Motto: «learn from the best».
Nun darfst du noch etwas Werbung für deinen Sport machen. Wie motivierst du unsere Leserinnen und Leser, für einen Triathlon zu trainieren?
Triathlon ist per se schon abwechslungsreich genug. Es gibt nichts besseres, als sich im Wasser zu bewegen, am nächsten Tag mit dem Velo um den Sempachersee zu fahren und am dritten Tag eine kleine Runde im Wald zu joggen. Also drei in eins. Probiers aus! Wenn du Ideen fürs Training von den Profis willst, besuch uns im CAMPUS SURSEE. Bis bald.
Bilder: Lea Wick, Tamara Mathis und mitchproductions.ch